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Digitalisierung muss man anfassen können

Das waren Fussball-WM-Dimensionen, organisiert von zwei Powerfrauen: Der Digitaltag 2018 hat am 25. Oktober an zwölf Standorten in der Schweiz gegen 250 000 Leute angezogen und fast dreimal so viel nochmals online via Livestream. Mission fulfilled für die Digitaltagleitung Birgit Pestalozzi und Diana Engetschwiler. Denn Digitalisierung wird nur dann zu einem Steckenpferd der Schweiz, wenn alle mitmachen, sagen beide im Interview. 

 

Interview: Yvonne von Hunnius

 

250 000 Menschen – kommt der jährliche Digitaltag dem von Ihnen geforderten digitalen Rütlischwur gleich?


Birgit Pestalozzi: (lacht) Aber ja! Der Tag stösst definitiv eine Dynamik an, die uns grosse Freude macht. Schon jetzt – bei der zweiten Durchführung – wurden etwa Lancierungen von Projekten auf diesen Tag gelegt. Er wird zu einem Symbol für Digitalisierung in der Schweiz. 

Und wie könnten bestenfalls die Konsequenzen daraus aussehen?


Birgit Pestalozzi: Es geht ein gutes Stück darum, dass die Bevölkerung Vertrauen in die Schweiz hat, dass sie die digitale Transformation gut meistert. Wir können stolz darauf sein, was bereits alles im Land umgesetzt wird. Wir haben es am Digitaltag bei vielen Mitarbeitenden von Firmen gesehen, die mitgemacht haben: Sie waren stolz, dass ihre Firma vorne dabei ist bei der Digitalisierung. Gleichzeitig wollen wir auch alle in der Schweiz auffordern, individuelle Verantwortung wahrzunehmen und aktiv am  Diskurs teilzunehmen.

Was ist Ihrer Meinung denn der strittigste Punkt bei der Digitalisierung in der Schweiz?


Diana Engetschwiler: Der Verlust des Arbeitsplatzes durch die Digitalisierung treibt viele um. Doch auch hier können wir nur Chancen suchen unter dem Motto: Bei der digitalen Transformation gibt es viele Chancen – es liegt in unserer Hand, sie mitzugestalten.  

Wie konnten denn Herr und Frau Schweizer den Digitaltag mitgestalten?


Diana Engetschwiler: Das Erleben und Mitmachen war uns und den Partnern enorm wichtig. Und dabei gab es nicht nur die Möglichkeit, mitzudiskutieren. Bei vielen Ständen konnten Erwachsene und Kinder Neues ausprobieren. Beispielsweise fand das grösste Brainstorming der Schweiz statt und ein spannendes «World Café» in Luzern.  

Welche Rolle haben dabei Start-ups gespielt?


Diana Engetschwiler: Eine wichtige. In Zürich konnten die Besucher die Präsentationen von 15 Start-ups bewerten – am Ende haben sie Legartis als Sieger erkoren. Helvetia hatte riesigen Erfolg mit ihrem Aufruf an Gründer und solche, die noch starten möchten, Ideen in 60 Sekunden zu präsentieren. Und man konnte die Produkte vieler Start-ups testen: Etwa bei der Weltpremiere vom Start-up Hegias mit seiner Virtual-Reality-Lösung für Bauprojekte. 

Zum Anfassen war auch der Roboter Thymio, den viele als Star des Digitaltags sahen …


Birgit Pestalozzi: Bildung war einer der Schwerpunkte 2018, und der in der Schweiz von der EPFL entwickelte Lernroboter Thymio ist Teil unserer Computational Thinking Initiative. Mit Thymio können Primarschulkinder leicht programmieren lernen. Wir holen bei diesem Pilotprojekt viele Akteure ins Boot, um Lehrpersonen bestmöglich ans Thema heranzuführen. 

Bildung wurde ja als ein Knackpunkt der digitalen Schweiz ausgemacht – wo sehen Sie beide noch Schwachstellen in der Schweiz?


Diana Engetschwiler: Für mich als ehemalige Profisportlerin ist klar, dass die Schweiz sich viel stärker zu einem Sport-Hub auch in Sachen Technologie entwickeln müsste. Hier haben 65 weltweite Sportorganisationen ihren Sitz – diese Chance wird bis dato kaum genutzt. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass die Schweiz diese Chance wahrnimmt. Ich bin dran, dies in die Wege zu leiten.

Birgit Pestalozzi: Es gibt noch zu wenige konsequente Sharing-Economy-Ideen. Zudem sind wir zwar als Schweizer gewohnt, dass wir als Stimmbürger alle Souveränität besitzen – gleichzeitig entgleitet uns unsere Souveränität bei den Daten. Darauf müssen wir achten. 

Bei dieser Bandbreite von Digitalisierung, wie ergaben sich die Themen, Partner, Standorte für den Digitaltag?


Birgit Pestalozzi: Das hat sich organisch entwickelt – Standorte sind sogar auf uns zugekommen. Der Wille bei den privaten Partnern war beeindruckend, etwas beizutragen. Und auch wenn man um die verschiedenen Partikularinteressen weiss, war immer klar: Wir ziehen hier alle an einem Strick. Darauf konnten wir aufbauen und dem regionalen Kolorit viel Raum geben. Dann ergaben sich schnell Schwerpunkte wie zum Beispiel für St. Gallen der E-Sport oder für das Tessin Fashion Innovation. 

Der organisatorische Aufwand ist dennoch enorm, und Sie beide haben die Aufgabe erst im Frühjahr angenommen. Was hat dabei am meisten geholfen – ein besonderes digitales Tool?


Diana Engetschwiler: Bei uns im Kernteam funktioniert die analoge, zwischenmenschliche Kommunikation sehr gut. Auch in Bezug auf die italienische und französische Schweiz war uns persönlicher Kontakt wichtig. Sébastien Kulling, als Leiter digitalswitzerland Romandie, und Léonard Héritier haben es geschafft, dass der Westschweizer Digitaltag in der Zweitausgabe stark gewachsen ist.

Birgit Pestalozzi: Das natürlich im Kontext einer digitalen Arbeitsweise. Dabei waren wir uns einig, dass Flexibilität und Remote-Arbeit die Regel sind. Wir haben heute von Bern, morgen von Zürich aus gearbeitet. Beispielsweise ist auch im letzten Sommer ein Teil des Teams nach Lissabon geflogen, um von dort aus in einem Coworking-Space zu arbeiten – auf eigene Kosten und als Ersatz für Sommerferien. 

Mit Nomadentum haben Sie beide ja viele Erfahrungen sammeln können …


Birgit Pestalozzi: Ja, ich bin digitale Nomadin und habe noch vor einem Jahr als Vorstandsmitglied ein Entwicklungsprojekt im Sudan umgesetzt. Die Arbeit im Sudan hat mich viel gelehrt: Etwa nicht zu lange nach dem perfekten digitalen Tool zu suchen, sondern pragmatisch ins Machen zu kommen. 

Diana Engetschwiler: Natürlich war ich in meiner Leistungssportzeit viel unterwegs. Und bei meinem Job für die Fifa auch. Privat habe ich schon fast die ganze Welt bereist, war häufig in Asien oder Südamerika unterwegs. Beim Reisen ist die Digitalisierung eine grosse Hilfe. 

Und was kann Ihr jetziger Arbeitgeber, digitalswitzerland, dafür tun, Sie vom Weiterziehen abzuhalten und bei sich zu halten?


Birgit Pestalozzi: Genau diese flexible Arbeitsweise mit Ortsunabhängigkeit weiter ermöglichen. Und wir müssen weiterhin alles daran setzen, den Digitaltag  konsequent auf die Bevölkerung auszurichten. 

 

Birgit Pestalozzi und Diana Engetschwiler sind verantwortlich für den Digitaltag, der ausgerichtet wird von der Standortinitiative digitalswitzerland. Birgit Pestalozzi ist dort tätig als Gesamtprojektleiterin Digitaltag. Zuvor war sie unter anderem Mitgründerin der Kulturinitiative «Swiss Initiative – culture projects» und Global Account Manager beim Beratungsunternehmen Ernst & Young und ist heute bekennende digitale Nomadin. Diana Engetschwiler ist Senior Project Manager Digitaltag. Sie war von 2003 bis 2006 Spielerin im Volleyball-Nationalteam. Zuletzt arbeitete sie bei der Fifa als Marketing-Projektmanagerin. 

 

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