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Querdenker

Von Steffen Klatt

Die Schweiz braucht Booster
Der Schweiz scheint es bestens zu gehen. Die Frankenstärke ist vorbei, die Wirtschaft wächst anständig, die Arbeitslosigkeit ist niedrig. In vielen Ranglisten steht die Schweiz ganz oben, etwa, wenn es um Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft oder Lebensqualität geht.

Aber ist die Wirklichkeit so gut, wie diese Ranglisten und Zahlen glauben machen? Wenn man etwas genauer hinschaut, dann ändert sich das Bild. So hat sich ausgerechnet bei den für die Schweiz so wichtigen Exporten ein Klumpenrisiko herausgebildet: Fast die Hälfte der Exporte stammt aus einer Branche, der Pharmaindustrie. Diese beschäftigt aber nur rund ein Prozent aller Beschäftigten im Land. Das heisst, dass ein Prozent der arbeitenden Schweizerinnen und Schweizer fast 50 Prozent aller Exporte generieren. Ist das gesund?

Die meisten anderen Exportbranchen haben in den vergangenen Jahren stagniert oder sind sogar geschrumpft. So hat der Maschinenbau am lautesten über die Frankenstärke geklagt. Aus seiner Sicht zu Recht. Aber die Probleme dieser Traditionsbranche haben viel früher begonnen. Die Uhrenindustrie litt oberflächlich gesehen nur an einem Einbruch in China. Aber wie kann es sein, dass die stolze Branche auf einen einzigen Markt angewiesen ist? Hat sie die Zukunft verschlafen? Apple jedenfalls soll im vergangenen Jahr mehr Uhren verkauft haben als alle Schweizer Hersteller zusammen. Der Finanzplatz schrumpft ebenfalls, der Tourismus leidet, die Energiewirtschaft ist von Panik erfasst, die Landwirtschaft ein Geldvernichter – steht wirklich alles zum Besten am Standort Schweiz? Es gibt Lichtblicke wie Medtech, Sensorik, Robotik, Blockchain-Technologien, aber diese sind – noch – zu klein, um das ganze Land zu ziehen.

Wenn es nur die Wirtschaft wäre. Aber ausgerechnet der für die Wirtschaft wichtigste Teil der Politik, die Europapolitik, ist hoffnungslos blockiert. Seit nun zwölf Jahren sagt Brüssel, dass es nicht mehr weitergehen kann. Ob Brüssel recht hat oder nicht, ist dabei egal: It takes two to tango, und wenn der Partner nicht mehr mittanzen will, ist der Tanz zu Ende. Dabei ist es nicht so, dass andere wirtschaftlich relevante Politikfelder besser bestellt sind. Die restliche Aussenwirtschaftspolitik wird durch den Schweizer Agrarprotektionismus blockiert. Die Reform der Unternehmenssteuern ging vor einem Jahr bachab. Nun drohen wieder mal schwarze Listen. Vor einem halben Jahr wurde die AHV-Reform gebodigt, während der demographische Wandel munter weitergeht. Die Schweizer Politik ist blockiert, und keinen scheint das wirklich zu stören.

Die Schweiz steckt in einer Sackgasse. Sie hat vor einem Vierteljahrhundert begonnen, sich vom Rest Europas und der Welt abzuschotten. Erst war es noch cool, mit Kuhglocken und Swissness allenthalben. Dann wurde es vielen Schweizerinnen und Schweizern mulmig, die Annahme der Massenzuwanderungsinitiative war ein Symptom dafür. Doch bald werden auch die ersten Rechnungen für die Abschottung verschickt, in Franken und Rappen, erst in dieser Branche, dann in jener und immer weiter so.

Die Schweiz braucht Booster, Leute, die dem Land neuen Schwung geben. Sonst bleibt die Schweiz in ihrem eigenen Saft stecken.

Steffen Klatt
Steffen Klatt ist Journalist und Geschäftsführer der Nachrichtenagentur Café Europe
in Winterthur. Im Verlag Zytglogge in Basel erscheint im Frühjahr sein Buch «Blind im Wandel. Ein Nationalstaat im Wandel».

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