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Virtuelle Welten verändern die Wirtschaft

Wer Augmented Reality (AR) hauptsächlich im privaten Wohnzimmer sieht, der verkennt das riesige Potenzial in der Wirtschaft. Viele Firmen testen AR auf seine Anwendbarkeit im täglichen Geschäft, sagt Daniel Diezi von Zühlke, Partner für Business Innovation in der Schweiz.

Die Microsoft HoloLens ist eine der momentan
meistgenutzten Mixed-Reality-Brillen. (Bild: Microsoft)
Von Yvonne von Hunnius

Schon seit Jahren wird von Virtual und Augmented Reality als dem nächsten grossen Ding gesprochen – wir wollen gern hochtrabenden Ankündigungen Glauben schenken und sehen uns schon mit der AR-Brille im Supermarkt. Doch immer noch sind die Geräte nicht so klein und leistungsfähig, wie wir es uns wünschen. Zuletzt sind die Verkaufszahlen im Konsumentenbereich sogar gefallen. «Wir müssen uns noch ein paar Jahre gedulden und dann kommen sie, die Geräte, die wir von einer normalen Brille nicht mehr so einfach unterscheiden können. Und für die dadurch gerade im Consumer-Umfeld die Akzeptanz enorm steigen wird. Derweil liegt es an uns Vordenkern, zu experimentieren und die Anwendungsgebiete aktiv auszuweiten», sagt Daniel Diezi. Er ist Senior Business Development Manager bei Zühlke und arbeitet mit Unternehmenskunden daran, wie sie Innovationen vorantreiben können.

Die Zeit von AR wird kommen


Im Moment besteht in Bereichen wie Augmented und Virtual Reality, künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen eine grosse Dynamik. «Es läuft, wie so oft in den vergangenen Jahrzehnten, darauf hinaus», so Diezi, «dass die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllt werden, sich aber viele neue Geschäftsmodelle entwickeln. Wenn der erste Hype vorbei ist, können Nutzer und Entwickler dank erster Prototypen in der Anwendung hinzulernen». Dann könne es auf den sogenannten Pfad der Erleuchtung gehen und irgendwann ein Plateau der Produktivität erreicht werden. Diezi hat dabei den Hype-Cycle für aufstrebende Technologien des IT-Analyseunternehmens Gartner vor Augen. Momentan steckt laut Gartner AR im Tal, aus dem es erfahrungsgemäss nach oben geht. Derweil merkt Diezi nichts von einem Einbruch des Interesses im sogenannten B2B-Bereich, also im industriellen Umfeld. Hier entdecken immer mehr Unternehmen das Potenzial und setzen die Technologien dort ein, wo sie ihnen bereits heute Nutzen bringen. Laut Diezi liegt die Zukunft gerade bei Augmented Reality – wo physische Objekte und Menschen einbezogen werden, die virtuelle mit der reellen Welt verbunden wird.

Rapidspieler mit HoloLens. Bild: Microsoft

Mehr Effizienz im Service


Augenfällig sind die Vorteile durch AR im Service-Geschäft. So betreibt beispielsweise der Gabelstaplerproduzent Jungheinrich weltweit ein grosses Team von Servicetechnikern. Diese sind bei Fragen zu Geräten aller möglichen Generationen vor Ort. Dank dem Einsatz von AR kann sich auch ein Juniortechniker die Mixed-Reality-Brille HoloLens von Microsoft aufsetzen und wird bei einfachen Problemen von einem Programm durch die Reparatur geführt. Hologramme werden über den zu reparierenden Stapler projiziert. Die Hilfestellung erfolgt parallel per Sprachsteuerung. Bei komplexen

Fragen wird ein Experte von Jungheinrich hinzugezogen. Diezi sagt: «Dabei kann der Experte via HoloLens genau das sehen, was der Techniker vor Ort sieht. Letzterer hat die Hände frei, um den Anweisungen zu folgen.» Dieses Vorgehen kann teure Stillstandszeiten massiv verkürzen.

Die Integration von AR ist natürlich eine grosse Umstellung, braucht Schulung und erfahrene Partner. Für manche – gerade junge Leute – ist AR aber auch eine besondere Arbeitsmotivation oder ein Grund, sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden, weiss Diezi. Grundvoraussetzung: Die Systeme sind nutzerfreundlich und passen genau auf den jeweiligen Spezialfall. Noch ist die Software wie Haute Couture und es gibt kaum Stangenware. Laut Diezi müssen noch einige Pilotprojekte in unterschiedlichen Sektoren laufen, bis man ausreichend Elemente für zuverlässige Standardprodukte hat. Dabei könne ein erster Prototyp jedoch schon mit kleinem Budget realisiert und getestet werden.

Auch Volvo setzt die MR-Technologie ein. Bild: Microsoft

AR ermöglicht Individualisierung


Geradezu revolutionär könnten die Umwälzungen durch AR in Projekten sein, die ganze Unternehmensprozesse umfassen. Zühlke hat erst vor kurzem ein Projekt mit dem thyssenkrupp-Konzern veröffentlicht, bei dem genau dies das Ziel war. Im Rahmen eines neuen Verkaufsprozesses für Treppenlifte misst ein Sales Manager die Treppe mittels einer Microsoft HoloLens aus. Allein das dürfte rund eine Stunde an Arbeitszeit im Vergleich zur bisherigen Vermessungsmethode sparen. Anschliessend kann der Kunde die HoloLens aufsetzen, den Treppenlift dank Mixed Reality (MR) auf seiner eigenen Treppe betrachten und ihn gemeinsam mit dem Sales Manager auf dem iPad konfigurieren. Möchte der Kunde die Treppe bestellen, werden die Daten auf Knopfdruck ins Microsoft-Azure-Backend und von dort an die Produktion übermittelt. «Das ermöglicht ein Grad an Prozessdigitalisierung, der so nie zuvor da gewesen ist und der die Lieferzeit um einen Viertel reduziert», sagt Diezi.

Wie im thyssenkrupp-Fall ist dieses Vorgehen für alle möglichen Bauprojekte anwendbar. Zum Beispiel kann der Käufer einer Wohnung mit der AR-Brille durch den Rohbau spazieren und gleich entscheiden, wo die Lampen hängen und zusätzliche Fenster Licht bringen sollen. Oder er kann vor Baubeginn die Aussicht geniessen. Der Immobiliendienstleister Wincasa etwa bietet schon seit längerer Zeit virtuelle Besichtigungstermine an.

Designerin mit HoloLens. Bild: Microsoft

Neue Technologien brauchen Zeit


«Egal, in welchem Bereich neue Technologien angewandt werden, das alles trägt dazu bei, dass wir uns an deren Logik gewöhnen und den Umgang lernen – das ist wichtig für den Durchbruch», erklärt Diezi. Als 2014 Google Glass herauskam, war die Welt noch nicht bereit dafür. Dennoch war das Vorpreschen wichtig. Das hat nicht nur hohe Erwartungen geschaffen, sondern auch viele Akteure auf den Plan gerufen. Sie bearbeiten das Thema jetzt intensiv und können auch Fortschritte verzeichnen – wie etwa bei der Sensorik.

Einen neuen Schub erwarten Beobachter vom AR-Kit, das nun alle neueren iPhones von Apple besitzen. Somit ist die Tür auch für Start-ups weit geöffnet für die Entwicklung unendlich vieler Anwendungen, bei denen das Smartphone als AR-Gerät funktionieren kann. Das macht sich ja auch «booster» zunutze, indem AR-Inhalte den Artikeln beigestellt werden. Ausprobieren!

Daniel Diezi, Senior Business Development Manager bei Zühlke. (zvg)

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